Öffentlicher Raum als Bühne – Free Open Air Workshop 2019
Die Clubcommission veranstaltete in Kooperation mit der Industrie- und Handelskammer Berlin (IHK) am vergangenen Freitag eine Weiterbildung für 60 junge Menschen, die sich den öffentlichen Raum als Bühne für selbstorganisierte Musikveranstaltungen.
Beim Workshop wurde gemeinsam über den rechtlichen Rahmen, den Schutz der Grünflächen und ein besseres Miteinander zwischen KünstlerInnen und Verwaltung gearbeitet. Einige Bezirke und der Berliner Senat suchen derweil nach öffentlichen Flächen, auf denen die derzeit noch illegalen Partys in Zukunft legal stattfinden können.
Seit 2014 organisiert die Clubcommission Berlin einen Workshop für sogenannte “Free Open Airs” für junge NachwuchsveranstalterInnen zwischen 18 und 30 Jahren. Sie bekommen die rechtlichen Grundlagen zu Veranstaltungen im öffentlichen Freiraum verständlich von Rechtsexperten der Kanzlei Härting erklärt, hören praktische Tipps zur Konfliktvermeidung von erfahrenen Szenemitgliedern, kommen ins persönliche Gespräch mit EntscheidungsträgerInnen aus der Verwaltung und erarbeiten mit StadtplanerInnen und PolitikerInnen eigene Konzepte zur musikgerechten Stadtraumgestaltung.
2015 wurde das Format dafür von der Europäischen Union, die die Initiative drei Jahre lang förderte, als Beispiel exzellenter Praxis zur politischen Jugendbeteiligung ausgezeichnet. Trotz der breiten institutionellen Anerkennung bleibt es dennoch ein Lehrgang der besonderen Art. Denn Free Open Airs sind in Berlin eigentlich illegal. Noch.
“Ich sehe viel Verantwortung im Raum “
Im November 2016 vereinbarte der gerade gewählte rot-rot-grüne Senat einen Plan zur “Entwicklung von Orten im öffentlichen Raum (…), die unbürokratisch für nicht-kommerzielle Musik- und Partyveranstaltungen unter freiem Himmel genutzt werden können“ (Koalitionsvereinbarung 2016-21, S. 123). Die Clubcommission Berlin schätzt, dass sich mittlerweile mehr als 30.000 junge BerlinerInnen an der Organisation illegaler Partys beteiligen. Weniger der Reiz am Verbotenen als vielmehr die Lust an kultureller Teilhabe auf der einen und hohe bürokratische Hürden auf der anderen Seite sind hierfür verantwortlich. Bei der Erarbeitung Model Space Projects im Jahr 2018 wurden auch Vorschläge zur Anpassung des gesetzlichen Rahmens gemacht, der bis jetzt einer kulturellen Teilhabe von jungen Erwachsenen in Form von Musikveranstaltungen verhindert. In diesem Zusammenhang fordert die Clubcommission die Schaffung von geeigneten Flächen in allen Berliner Bezirken und einen unbürokratischen Zugang zu der Nutzung.
Der Leiter des Straßen- und Grünflächenamts Friedrichshain-Kreuzberg, Felix Weisbrich steht dieser Idee aufgeschlossen gegenüber, verwies jedoch auch auf das aus seiner Sicht besser geeignete Straßenland. Dem entgegnete die Geschäftsführerin des Musicboard Berlin, Katja Lucker, auch Veranstalterin der Fete de la Musique, daß derartige Genehmigungen noch schwieriger zu bekommen seien als in manchen Parks. Weisbrich bescheinigte den TeilnehmerInnen ein hohes Verantwortunsgbewusstsein, wies jedoch gleichzeitig auf die personellen Engpässe in den Genehmigungsbehörden hin. Grundsätzlich begrüsst er die Möglichkeit, unterschiedliche Nutzungen auf einer Fläche unterzubringen.
Mehrere VeranstalterInnen regten an, durch Formierung einer haftenden Institution die Schadensrisiken für das Land zu übernehmen und damit gleichzeitig die Prozesse zu verschlanken.
Die Autorin des Model Space Abschlussberichts, Frau Dr. Mary Dellenbaugh-Losse verwies auf die geringen Beschwerde- und Schadenslagen bei derartigen Parties (unter 20%) und regte einen verbesserten Dialog zwischen allen Beteiligten an. Mareike Witt als Vertreterin der Bürgerinitiative 100% Tempelhofer Feld betonte die Bedeutung einer rechtzeitigen Bürgerbeteiligung und bot an, nicht-kommerzielle, kulturelle Musikveranstaltungen auf dem Tempelhofer Feld zu testen. Zum Abschluss warb Weisbrich dafür, gemeinsam bei den politisch Verantwortlichen für ein bessere Ressourcenausstattung der Grünflächenämter zu kämpfen. Er sieht die neuen Parkmanager wie beispielsweise im Görlitzer Park auch als Ansprechpartner für diese Belange und wünscht sich dafür eine dauerhafte Finanzierung durch den Senat.