Offener Brief an das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg
Monika Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen), Florian Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen) und Andy Hehmke (SPD) – was tut Ihr da?
Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist ein Sehnsuchtsort für Menschen aus aller Welt und steht wie kein anderer für Offenheit, Freiheit und Selbstverwirklichung. Künstler, Kulturschaffende und Jungunternehmer verwirklichen hier Ideen, die anderswo nicht möglich wären. Nirgendwo auf der Welt ist die Dichte an Clubs, Kreativen und Kulturschaffenden höher als auf den 20 Quadratkilometern unseres Bezirks.
Dies ist möglich, weil über viele Jahre Raum für kreative Ideen bezahlbar und verfügbar war. Weil die Menschen die hier wohnen oder herziehen unkonventionell und experimentierfreudig sind. Und weil die Verwaltung über Jahrzehnte immer hilfsbereit war und ihren gesamten Ermessensspielraum nutzte, um Freiheit und Kreativität ermöglichen zu können, auch wenn es mal nicht ins konventionelle Raster passte.
Für diese Idee stehen wir, die Berliner Kulturschaffenden der freien Szene und der Clubszene. Unsere Projekte sind identitätsstiftend für die Stadtgesellschaft geworden, weil sie Menschen verschiedener Herkunft durch Musik, Kunst und kulturelle Angebote verbinden, während andernorts sich die Gesellschaft auseinanderdividiert. Mehr als 9000 Arbeitsplätze sind von dieser Szene direkt abhängig, zum Größten Teil im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Menschen, die hier wohnen und arbeiten und sich sozial, kulturell oder auf andere Weise bürgerschaftlich engagieren.
Der Holzmarkt war eine Utopie, die Wirklichkeit wurde und heute über die Grenzen Berlins weltweit bewundert und beachtet wird. Die ehemalige Bar25 musste weichen und konnte sich mit Hilfe einer Schweizer Stiftung und zahlreichen Helfern und Mitgliedern ihrer Genossenschaft neu erfinden. Auf dem Grundstück Holzmarktstraße 25, auf dem Investoren gerne graue Bürotürme, Hotels oder Luxuslofts gesehen hätten, entstand ein lebendiges Stadtquartier ohne Zaun und ohne Mauer, mit Werkstätten, Arbeitsräumen, Studios, Club, Filmbühne, Restaurant, Kinderprogramm und Kita. Auch der Bürgerentscheid „Spreeufer für Alle“ aus dem Jahre 2008, dem 87% der abstimmenden Bevölkerung aus Friedrichshain-Kreuzberg zustimmten, wurde vom Holzmarkt als einer der wenigen Grundstücke an der Oberen StadtSpree realisiert.
Nun steht der Holzmarkt vor dem Scheitern, denn er steht im Fadenkreuz der Bezirksverwaltung. Die eigentliche politische Vertretung der Bürgerinnen und Bürger agiert vermeintlich irrational und subjektiv. Keine Gespräche, keine Beratung, keine Informationen, keine Ermessensausübung: Bau- und Ordnungsamt führen ohne Ankündigung konzertierte Aktionen durch, die dazu führen, dass der Betrieb eingeschränkt und nachhaltig geschädigt wird. Das geplante Eckwerk ist bereits gescheitert, da ein Konsens nicht möglich war oder nicht gewünscht war.
Wir haben so viele Fragen – aber die Antworten waren bislang mehr als dürftig.
Wir sind Anwohner, freie Künstler und Kulturunternehmer aus Friedrichshain-Kreuzberg. Wir erkennen unseren Bezirk nicht wieder. Wir sind ratlos, wütend und enttäuscht. Wir können nicht zulassen, dass unsere Stadt ein so mutiges und freigeistiges Projekt verliert.
Wir fordern Euch auf, auch mutig zu sein! Es muss ein Dialog entstehen, der lösungsorientiert ist. Wir bieten an, diesen mit aller Kraft zu unterstützen.
Liebe Monika, wir bitten Dich, persönlich den Diskurs mit Deinen Stadträten zu suchen und gemeinsam die Probleme mit dem Holzmarkt zu lösen.
Eure Clubcommission Berlin
und ihre 240 kulturschaffenden Mitglieder